Teil 1: Warum Großspenden undemokratisch sind
Geld = Macht ?
Man kann darüber streiten, wie entscheidend der finanzielle Aufwand im Wahlkampf für die Erfolge bei politischen Wahlen ist. Unumstritten ist jedoch, dass die finanziellen Aufwendungen einen positiven Einfluss auf das Wahlergebnis haben. Nicht umsonst haben die deutschen Parteien im Wahlkampfjahr 2009 gemeinsam mehr als 60 Millionen Euro (de.statista.com) für den Wahlkampf ausgegeben.
Dass die Parteien Geld ausgeben, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen und um Wahlen zu gewinnen ist natürlich kein Verbrechen. Im Gegenteil: bei der politischen Willensbildung mitzuwirken ist eine im Grundgesetz (Artikel 21) klar definierte Aufgabe der Parteien. Über die Qualität dieser Informationen und Beeinflussungen kann man streiten - dass die Parteien zur Erfüllung dieser Aufgabe Geld ausgeben und natürlich auch einnehmen müssen ist hingegen selbstverständlich. Die Parteien beziehen ihre Einnahmen dabei zum größten Teil aus Mitgliedsbeiträgen (knapp 30%), Spenden (etwa 12%) und staatlichen Zuschüssen (etwa 30%). (parteispenden.unklarheiten.de)
Spenden = Demokratie ?
Aus demokratischer Sicht wird die Geldbeschaffung über Spenden problematisch, wenn wir Art. 38 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes lesen: Denn hier steht, dass demokratische Wahlen etwas mit Gleichheit zu tun haben. Es geht um den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit, der zum Ausdruck bringt, dass jeder Bürger, trotz gesellschaftlicher Ungleichheit, die gleichen Chancen zu Beeinflussung der staatlichen Politik haben soll. Während den Wahlen ist diese Chance gegeben, denn jeder Wähler darf – genau wie alle anderen Wahlberechtigten - sein Kreuz setzen. Aber hat er diese gleiche Chance auch während des Wahlkampfes und während der mehrjährigen Legislaturperiode? Hört das Prinzip der Gleichheit nach der Wahl einfach auf?
Sicher kann es sich jeder Wähler leisten, einer Partei seiner Wahl 50 Euro zu spenden oder sie durch seine persönliche Arbeit zu unterstützen. Und wer nicht gerade von Hartz IV leben muss, der wird sich sogar die Mitgliedschaft in einer Partei leisten können. Aber 5.000 Euro zu spenden – das kann sich nicht jeder leisten. Aber derjenigen, der es kann (und auch tut) verbessern die Chancen seiner Partei bei der nächsten Wahl. Das ist nicht demokratisch sondern erinnert an das Zensuswahlrecht, bei dem die Anzahl der Stimmen vom persönlichen Reichtum abhängig ist.
Wenn Wirtschaftsunternehmen jährlich große Summen an bestimmte Partien spenden, weil diese Parteien u.a. die Steuern für Unternehmen senken wollen, dann ist das völlig verständlich – aber hat ebenfalls nichts mit demokratischer Gleichheit zu tun. Vor allem deshalb, weil Unternehmen als juristische Personen überhaupt nicht wählen dürfen.
Änderung der Gesetze
Wenn wir wollen, dass trotz gesellschaftlicher Ungleichheiten das Prinzip der politischen Gleichheit erhalten bleibt, sollten wir dafür sorgen, dass auch die Einnahmen der Parteien nach dem demokratischen Gleichheitsprinzip erzielt werden. D.h. Einzelpersonen (und Unternehmen erst recht) dürfen keine Spendenbeträge an Parteien entrichten, die sich der Durchschnittsbürger (2.700 € Netto-Haushaltseinkommen pro Monat) nicht leisten kann. Kurz gesagt sollten Spenden von juristischen Personen verboten, und Spenden von natürlichen Personen auf 500 Euro pro Jahr beschränkt werden.
Die derzeitige Rechtssprechung erlaubt Spenden in beliebiger Höhe und beruht auf der Annahme, dass es aus demokratischer Sicht ausreichend ist, dass die Parteien darüber Rechenschaft ablegen müssen, woher sie ihre Einnahmen beziehen. Die Rede ist vom Prinzip der Transparenz: Wenn der Wähler weiß, wer den Parteien Geld spendet, dann wird der Wähler dieses Wissen in seine Wahlentscheidung mit einbeziehen.
Das Problem mit der Transparenz
In der Realität sieht es so aus, dass sich der mündige Wähler den 248 Seiten starken Bericht besorgen und lesen müsste. Und selbst dann erführe er lediglich die Namen derjenigen Spender, die mehr als 10.000 Euro in einem Jahr gespendet haben. Da die Namen alleine wenig aussagen, sollte er während des Lesens noch recherchieren, was das für Personen sind, die einer Partei eben mal 50.000 Euro gespendet haben. Welche Interessen stehen hinter diesen Personen? Es ist klar, dass sich kein normaler Wähler diese Arbeit machen wird.
Jetzt könnte man einwenden es sei Aufgabe der Medien, diese Informationen kritisch zu recherchieren und unter das Wahlvolk zu bringen. Doch das geschieht leider nicht.
Wenn man aufmerksam die richtigen Medien verfolgt hat, dann hat man mit etwas Glück mitbekommen, dass viele der Banken, welche gerade von der Regierung mit Geld beschmissen wurden, regelmäßige Großspender sind. Wenn gerade keine Finanzkrise ist, dann interessieren diese Zahlen leider niemanden. Denn sie sind in erster Linie öde langweilig und zweitens völlig legal. Erst als Gesamtbild gewinnen diese Zahlen an politischer Bedeutung und zeigen die systematische Begünstigung konservativer und wirtschaftsfreundlicher Politik (parteispenden.unklarheiten.de).
Das Problem mit dem Lobbyismus
Oft sind es die gleichen Unternehmen und Wirtschaftsverbände, die enorme Summen für ihr Lobbyarbeit ausgeben, Mitarbeiter in staatliche Ministerien entsenden oder indirekten Lobbyismus durch vermeintlich unabhängige Organisationen betreiben. Es geht also schon lange nicht mehr nur darum bestimmte Parteien zu unterstützen, die eine passende politische Meinung haben, sondern immer mehr darum erfolgreiche Parteien zu beeinflussen, damit sie die richtige politische Meinung bekommen.
Angesichts dieser Entwicklung bin ich der Überzeugung, dass die derzeitige Transparenz nicht ausreichend ist. Der Wähler nimmt die derzeit legale Spendenpraxis als gegeben hin und macht sich keine Gedanken über Lobbyismus und Demokratietheorie.
Was also nötig ist, sind klare Gesetze, welche die Unabhängigkeit der Politik von finanzstarken Einzelinteressen gewährleisten.
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