Sozial ist, was Arbeit schafft?

Die Geschichte eines falschen Satzes...

 

1916

Alfred Hugenberg übernimmt die Leitung desHugenbergkonzerns - einer nationalkonservative Mediengruppe - gegründet 1914 als Propagandaorganisation der dt. Schwerindustrie, und der Wirtschaftlichen Gesellschaft. Die Medien des Hugenbergkonzerns standen während der Weimarer Republik der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und ab 1933 den Nationalsozialisten zur Verfügung.

Quelle: 2002 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG

 

1933

Alfred Hugenberg (1865-1951) , Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), welcher Hitlers Machtübernahme durch ein gemeinsames Kabinett ermöglichte, verbreitete für die Reichstagswahl am 05. März 1933 den Slogan "Sozial ist, wer Arbeit schafft".

Quelle

 

2000

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall gegründete mit Unterstützung weiterer Wirtschaftsverbände und Unternehmen, die "Initiaive Neue Soziale Markwirtschaft". Diese hat die Aufgabe, die deutsche Öffentlichkeit von „marktwirtschaftlichen Reformen“ zu überzeugen.

Die neoliberale Initiative schreibt sich den Solgan "Sozial ist, was Arbeit schafft" auf die Fahne und verbreitet ihn erfolgreich.

Quelle

 

2002

Zwei Jahre später wird der Solgan von der CSU im Wahlkampf benutzt.

Trotz öffentlicher Hinweise (z.B. der TAZ) auf die historische Verwendung änlicher Slogans verbreitet sich der Satz weiter:
Angela Merkel (CDU): "Sozial ist, was Arbeit schafft."
Guido Westerwelle (FDP): "Sozial ist das, was Arbeitsplätze schafft. "
Jürgen Rüttgers (CDU): "Sozial ist, was Arbeit schafft. "
Edmund Stoiber (CSU): "Sozial ist in erster Linie, was Arbeit schafft! "

Quelle

 

2009

Der unsägliche Satz erhält Einzug in das Programm der FDP zur Europawahl: "Denn was Arbeit schafft, ist auch sozial."

Quelle: "Ein Europa der Freiheit", 17.01.2009 Seite 31

 

Sozial ist, was Arbeit schafft?

Nein. Sozial ist ein fürsorgliches, altruistisches Handeln aus Nächstenliebe. Sozial wäre es folglich Arbeitsplätze zu schaffen, ohne wirtschaftliche Absichten damit zu verfolgen. Und das das ist natürlich reiner Humbug und wird auch von niemandem vertreten, der den unsäglichen Satz verwendet. Vielmehr ist es das Ziel dieser Leute den Begriff "Sozial" zu verändern. Es geht um die Deutungshoheit über einen zentralen Begriff der linken Parteien. Denn CSU, CDU und FDP (und natürlich die Wirtschaft) sind nun einmal nach alter Definition nicht besonders sozial. Mit Hilfe dieser Umdeutung von Begriffen wollen sie gegenüber den Wählern vermitteln, dass sie "sozial" sind, weil sie Arbeitsplätze schaffen. Das ist aber bei weitem nicht das gleiche.

Sozial wäre es, den Sozial benachteiligten, Armen und Schwachen der Gesellschaft zu helfen. Natürlich hilft man einem Teil dieser Menschen auch, indem man Ihnen einen anständig entlohnten Arbeitsplatz beschafft. Aber viele Menschen benötigen andere Hilfe und können nicht arbeiten, da sie zu jung, zu krank oder zu alt sind, eine unmündige Person betreuen müssen oder eine besser Bildung benötigen. All diese Menschen werden nach der Ideologie "Sozial ist, was Arbeit schafft" vergessen. Und die Vertreter des Satzes wollen auch keine "anständig entlohnten" Arbeitsplätze. Ihre Politik zielt darauf ab, die Lohnkosten zu senken und Arbeitnehmerrechte zu schwächen. Sie wollen die Menschen in Notsituationen zwingen, jede Arbeit annehmen zu müssen, damit die Wirtschaft ihre Gewinne maximieren kann.

 

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